Neulich war ich mit meiner Frau an einer Patchwork-Ausstellung in Kreuzlingen. Die farbenfrohen Kunstwerke bringen Licht in die dunkeltrüben Tage. Die einzelnen Teile sind oft für eine grössere Näharbeit nicht zu gebrauchen, aber jedes bringt seine Form und Farbe in das Bild ein. Das lässt sich auf Zusammenleben übertragen: nicht nur in sogenannten Patchwork-Familien sondern in allen menschlichen Gemeinschaften tragen ganz unterschiedliche Menschen dazu bei, dass das Zusammenleben gelingt.
Auch die Kirche ist eine Patchwork-Gemeinschaft. Das sieht man sehr gut an den Charismen unserer Heiligen: Die Sorge um andere Menschen, ein kontemplatives Leben, Fähigkeiten im Leiten, im Verkünden und im Schreiben, das Ertragen von Leid und Schmerz bis zum Martyrium sind ganz unterschiedliche Arten, Christus nachzufolgen. Und jede Pfarrei, jeder Pastoralraum, jedes Bistum hat ein eigenes Profil. Auch das Neue Testament enthält eine Vielzahl von Formen und Farben christlichen Lebens. In den einzelnen Schriften, die für konkrete Gemeinden geschrieben wurden, begegnen uns unterschiedliche Facetten und unterschiedliche Theologien, unterschiedliche Glaubenswegen und Trost- und Hoffnungsworte. Auch in den Pfarreien heute gibt es ganz unterschiedliche Formen und Farben. Das unterscheidet unsere Kirche von Sekten, die nur eine Form und eine Farbe akzeptieren. Eine Patchwork-Arbeit aus lauter roten, gleichgrossen Quadraten gefällt mir nicht so gut wie die Werke an der Ausstellung in Kreuzlingen.
Wir versuchen, unsere Form und Farbe, unsere Persönlichkeit, so in die Kirche einzubringen, dass es passt. Aber meistens klappt das nicht so gut. Wir haben nicht den Überblick. Den Überblick hat Gott. Er verbindet uns Patchworkteile zu einem grossartigen Ganzen, zu einer wunderbaren Gemeinschaft. Vielleicht sollten wir ihn einfach machen lassen, zur eigenen Farbe und Form stehen und die anderen Glaubens-Formen und -Farben akzeptieren. Ich wünsche uns, dass uns das immer mehr gelingt.
Robert Weinbuch