Am 1. November feiern wir das Hochfest Allerheiligen. Die ganze Kirche erinnert sich an die Menschen, denen es besonders gut gelungen ist, in ihrem Leben Christus nachzufolgen. Wir denken dabei nicht nur offiziellen Heiligen, sondern an alle Menschen, die unerkannt ein gesegnetes Leben führten und persönliche Vorbilder im Glauben geworden sind. Am 2. November, „Allerseelen“, gedenkt die Kirche aller Verstorbenen. Wir beten für sie und segnen die Gräber. Das Totengedenken und der Gräberbesuch an Allerheiligen/Allerseelen hilft, die Erinnerung an die Menschen wach zu halten, die das Leben mit uns geteilt haben und einen Platz in unseren Herzen haben. Viele Hinterbliebene schmücken die Gräber, legen Blumen aufs Grab und zünden ein Licht an. Viele sprechen mit den Verstorbenen. All das hilft loszulassen, zu trauern und den Verlust zu bewältigen. Auch Erinnerungsstücke helfen: Fotos, Briefe, oder auch ein Schal oder ein Pullover, den man so gerne trägt, weil ihn die liebe Verstorbene gefertigt hat. Manche geben auch einer Haarlocke oder ein Schmuckstück der Verstorbenen einen besonderen Platz. Solche Gegenstände sind moderne Reliquien (lat.: „Überreste“). Besonders seit dem Mittelalter werden Knochen von Heiligen und andere Überreste den Gläubigen in kunstvoll gefertigten Reliquiaren präsentiert. Im Ittinger Museum in der Kartause sind bis Sommer 2026 Reliquien aus Thurgauer Kirchgemeinden, auch aus unserem Pastoralraum, in der Ausstellung „Reliquien – Objekte der Kontemplation in der Kirche und darüber hinaus“ zu bestaunen. Die Reformatoren haben zu Recht die Kommerzialisierung und den Missbrauch des Reliquienkultes bekämpft; auch ein magisches Verständnis ist aus heutiger Sicht abzulehnen. Doch auch heute noch helfen Reliquien manchen Gläubigen, sich an den Glauben der Heiligen zu erinnern und sich Gottes Gegenwart in den Menschen und in unserer Welt bewusst zu machen.
Ich wünsche Ihnen, dass Sie in Ihrem ganz alltäglichen Leben immer wieder einmal Gottes Nähe spüren.
Robert Weinbuch